Wenn ich ihnen von den Gegebenheiten hier in Basel erzähle und sie einlade, beginnt bei ihnen sofort das Kopfkino

Wir haben mit Katharina Hajek von Contemporary Fine Arts gesprochen und sie gefragt, was sich seit der Eröffnung in Basel alles geschehen ist und was uns in der neuen Ausstellung «Take a Walk on the Wild Side» erwartet.
Seit bald zwei Jahren ist Contemporary Fine Arts nun in Basel. Wie habt ihr euch eingelebt und was waren eure Highlights bis jetzt?
KH: «Zuallererst möchte ich betonen, wie wohl wir uns in Basel fühlen. Wir wurden unglaublich herzlich willkommen geheissen – was ja gar nicht selbstverständlich ist als Berliner Galerie in der Schweiz. Von Anfang an haben wir eine grosse Offenheit seitens der Institutionen, Galerien, Off-Spaces, Künstler:innen und der Stadtgesellschaft erlebt. Das hat uns tief beeindruckt und bedeutet uns sehr viel.
CFA wurde 1994 durch Bruno Brunnet und Nicole Hackert in Berlin gegründet und seit 1997 kommen wir nach Basel – erst für die Liste, später dann für die Art Basel. Während Berlin von Zerstörung, Teilung und ständigen Aufbrüchen geprägt ist, spürt man in Basel eine andere, tief verwurzelte historische Kontinuität. Hier begleitet einen das Mittelalter auf Schritt und Tritt, und das eröffnet spannende Perspektiven für unsere Arbeit.
Trotz der Herzlichkeit und Offenheit, die wir erfahren haben, nehme ich immer wieder eine gewisse Zurückhaltung wahr. Es scheint, als gäbe es eine Schwellenangst, ungezwungen in eine Galerie zu laufen und sich die Ausstellungen anzusehen. Deshalb möchte ich hiermit auch nochmal alle Menschen einladen. Die Ausstellungen, die wir zeigen sind für die Öffentlichkeit gedacht – wir freuen uns, wenn sie gesehen werden.»
Die Räumlichkeiten im Totengässlein sind sehr unterschiedlich zur Galerie in Berlin. Gibt es da spezielle Herausforderungen?
KH: «Das ist wohl wahr. Wir befinden uns hier im Totengässlein in einem Gebäude von 1345, mit Deckenhöhen von gerade einmal 2,30 Metern, schiefen Wänden und verwinkelten Räumen. Es ist das Gegenteil eines klassischen White Cube. Oft hängen wir die Ausstellungen eher nach Gefühl als nach präzisen Massangaben, da der Raum dafür schlicht nicht geeignet ist. Aber genau das hat uns von Anfang an gereizt: ein Raum, der anders ist und mit dem man spielen kann.
Diese Besonderheit begeistert nicht nur uns als Galerie, sondern auch unsere Künstler:innen. Viele von ihnen haben bereits in grossen Museen, perfekt ausgeleuchteten und inszenierten Galerien und Orten auf der ganzen Welt ausgestellt. Aber wenn ich ihnen von den Gegebenheiten hier in Basel erzähle und sie einlade, beginnt bei ihnen sofort das Kopfkino: Wie geht man mit einem solchen Raum um?
Ein schönes Beispiel dafür war die Eröffnung unserer Gruppenausstellung „DEAD CAN DANCE“ im letzten Jahr, die unsere Galerie in der direkten Basler Umgebung verorten sollte. Wir luden Galerienkünstler:innen ein, sich mit dem Tod, dem Totengässlein und dem Basler Totentanz zu beschäftigen. Dana Schutz, die bereits weltweit in den renommiertesten Institutionen wie dem Musée d’Art Moderne oder dem Louisiana Museum ausgestellt hat, war extra angereist und vollkommen überwältigt von der Präsenz ihres eigenen Gemäldes in unseren Räumlichkeiten. Die Figuren auf ihren Leinwänden wirkten hier lebensgroß, noch lebendiger und unmittelbar für alle erlebbar.
Am Ende des Tages gilt: Jede Herausforderung ist zugleich eine Möglichkeit. Es geht darum, sich auf Neues einzulassen und sich mit den Gegebenheiten kreativ auseinanderzusetzen – das ist für uns als Galerie ebenso spannend wie für die Künstler:innen und Besuchenden.»

Am Freitag eröffnet die neue Ausstellung «Take a Walk on the Wild Side». Was erwartet uns in der Ausstellung von Annette Frick?
KH: «Annette Frick ist im Grunde eine Porträtistin, ob sie fotografiert oder Filme macht – sie nimmt genau wahr und gibt das in einer persönlichen Form wider. Die Ausstellung bietet einen Einblick in ein Berlin, das in dieser Form kaum noch existiert und seine Geschichten doch bis heute weiterschreibt. Hier im Totengässlein können wir durch Annettes Augen, das Berlin der 80er, 90er und 00er Jahre entdecken – eine Stadt, die ebenso durch ihre Architektur wie durch die Menschen und ihre Subkulturen geprägt wurde.
Als ursprüngliche Berliner Galerie, die diese Geschichten miterlebt und geprägt haben, war es für uns spannend eine solche Position in unserer neuen Heimat zu zeigen. Im Mai findet ja das Hauptfest der Queeren Szene in Basel statt – der ESC, auch das ein Grund, in die queere Vergangenheit zu gucken und eventuell neue Gespräche zu ermöglichen.»

«Take a Walk on the Wild Side» ist die erste Ausstellung von Contemporary Fine Arts mit Annette Frick. Wie kam es zur Zusammenarbeit für die Ausstellung in Basel?
KH: «Galerien sind immer Bezugsgewebe von Geschichten, Werken, aber vor allen Dingen von Menschen. Am Ende ist die Galerie immer ein Ort von Begegnung und Austausch, zumindest war das bei uns immer der Fall. Dabei spielt manchmal auch Zufall eine Rolle, der dann im richtigen Moment fruchtet.
Bei Annette war es ähnlich. Vergangenes Jahr eröffneten wir in unserer Berliner Galerie eine Ausstellung zu Ulrike Ottingers Filmen und Fotografien, im Übrigen die Künstlerin unserer Basler Eröffnungsausstellung. Annette, die sowohl mit Ulrikes Partnerin Katharina Sykora als auch mit Ulrike gut befreundet ist, war bei einer der Veranstaltungen in Berlin. Bruno Brunnet, der Inhaber der Galerie, hat sich direkt gut mit Annette verstanden und war dann auch schnell bei ihr im Studio. Kurz danach rief er mich an: „Das ist richtig Underground, das ist gut, das sollten wir in Basel zeigen.“ So ist es geschehen. Seitdem haben sich immer weitere Bekannte der Galerie gemeldet, die alle von Annettes Arbeit geschwärmt haben und, dass sie doch irgendwie zu uns passen würde, weil sie etwas zu sagen hätte und sich gegen die Norm stellt.»
Contemporary Fine Arts zeigte bis jetzt viel Malerei. Was ist für euch als Galerie spannend an der Zusammenarbeit mit Fotografie und mit Annette Frick?
KH: «Wir sind tatsächlich eine ziemliche Malerei-Galerie, zur nächsten Art Basel werden wir zum Beispiel Arbeiten der herausragenden Malerin Ella Kruglyanskaya zeigen – unsere letzte grosse Malereiausstellung zu den Kunsttagen Basel 2024 war eine von Isabelle Graw kuratierte Gruppenausstellung „The Mother Position“, die sowohl etablierte als auch jüngeren Stimmen der zeitgenössischen Malerei zusammenbrachte. Trotzdem stimmt es nicht ganz, dass wir nur Malerei zeigen. Die Ausstellung, die wir letzte Woche geschlossen haben, zeigte Collagen und Skulpturen von Katja Strunz, die vorherige Ausstellung widmete sich einer einzigen grossen Installation Christian Jankowskis zu Ehren des Kunstsammlers Harald Falckenberg und während der Art Basel 2024 war das Totengässlein mit Sarah Lucas Bunny-Skulpturen bevölkert.
Bei uns in der Galerie galt immer – unabhängig vom Medium – wenn etwas mit Herzblut gemacht wird, dann ist es richtig bei uns. Als Bruno bei Annette im Studio war, dann war das genau klar, dass es da eine ehrliche Ernsthaftigkeit in den Arbeiten Annettes gibt. Ausserdem erzählt die Ausstellung ja wirklich auch von unserer Galeriengeschichte bzw. den Akteur:innen und Orten aus der direkten Galerieumgebung. Diese Momente, die Annette Frick da eingefangen hat, sind Geschichten und Orte, die wir alle in Berlin so oder so ähnlich miterlebt haben und die wir jetzt eben nach Basel bringen wollen.»
März 2025
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Contemporary Fine Arts, Annette Frick. Take a Walk on the Wild Side, 29. März bis 31. Mai 2025.
