In einer herausragenden Nachbarschaft

Wir haben mit Ines Goldnach, Direktorin und Kuratorin des Kunsthaus Baselland, gesprochen und sie gefragt, was sich seit dem Umzug aufs Dreispitz-Areal verändert hat und was uns in der neuen Ausstellung «the paths we walk» erwartet.
Seit weniger als einem Jahr befindet sich das Kunsthaus Baselland nun am neuen Standort im Dreispitz. Welche Möglichkeiten bietet euch das?
IG: «Es ist in der Tat ein bemerkenswertes Areal mit Institutionen wie der Hochschule für Gestaltung und Kunst, dem Schaulager, dem Kabinett von Herzog & de Meuron, dem HEK, dem Atelier Mondial, Radio X usw. Es eröffnet uns eine völlig neue Klaviatur an Kooperationsmöglichkeiten und Synergien. Gleichzeitig können wir hier unserem Wunsch nachkommen, nicht nur in einer herausragenden Nachbarschaft zu sein, sondern selbst Nachbarin zu werden – etwa für die vielen Anwohner*innen auf dem Areal. Es ist wunderbar zu sehen, dass Kinder und Jugendliche etwa auf ihrem Weg zur benachbarten Musikschule School of Rock hier vorbeikommen und im Foyer ihre Hausaufgaben machen oder sich treffen; an Wochenenden verbringen Eltern und Grosseltern mit ihren Kindern einen Nachmittag mit Führungen, Workshops und Kaffee bei uns. Das kommt meiner Vorstellung von einem offenen Kunsthaus schon sehr nahe.»
Wie wirkt sich das Biennale-Format «Solo Position» für euch aus und wie funktioniert es?
IG: «Die «Solo Position» gibt es seit 2011. Dieses Wettbewerbsformat richtet sich an Kunstschaffende der Region, die sich bewerben und von der Kunstkommission des Kantons Baselland ausgewählt werden. Es zählt zu den wichtigsten Förderformaten des Kantons Basel-Landschaft und wird vom Amt für Kultur gezielt für Kunstschaffende der Region eingesetzt. Mit der «Solo Position» wird die erste grosse institutionelle Einzelausstellung ermöglicht. Das Kunsthaus Baselland fördert ebenso seit vielen Jahren konsequent das Kunstschaffen der Region und bietet neben internationalen Künstler*innen unterschiedlicher Generationen auch lokalen und regionalen Kunstschaffenden erste grosse Auftritte. Es ist daher ein grosser Gewinn, dieses wichtige Förder- und Ausstellungsformat hier zu beheimaten.»

Kommen wir zum aktuellen Preisträger von «Solo Positions» und seiner Ausstellung «the paths we walk». Wie ist Leonardo Bürgi Tenorio künstlerisch in der Region verwurzelt?
IG: «Er ist hier aufgewachsen, hat hier seinen Abschluss am Institut Kunst Gender Natur der Hochschule für Gestaltung und Kunst gemacht und in der Region an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen. Zudem hat er mehrere Auslandsaufenthalte absolviert und ist im Vorstand des Ausstellungsraum Klingental aktiv. Das kollaborative und kollegiale Arbeiten ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit, was – wie ich finde – auch in seinem künstlerischen Werk spürbar ist.»
Welche Rolle spielen die unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen?
IG: «Was Leonardo Bürgi Tenorio hier im gesamten Obergeschoss des Kunsthauses realisiert, gleicht einem dichten Parcours, der die Besuchenden durch Kapitel einer Spurensuche und zugleich durch Landschaften führt. Ohne zu viel vorwegzunehmen, könnte man sagen, dass die Kapitel, die hier durchschritten werden können, Pflanzen und Landschaften, Farben, Materialien und auch Gerüchen zugeordnet sind; ein Gang durch Natur und Kultur.»
Welche Geschichte erzählen die Terrarien als Exponate in der Ausstellung?
IG: «Sie sind der rote Faden der grossen Auslage: Leonardo Bürgi Tenorio, der mit seiner Biografie sowohl mit der Schweiz als auch mit Mexiko aufs Engste verbunden ist, untersucht anhand der Historie von Vivarien – Behälter für die Aufzucht und Pflege meist exotischer Pflanzen oder Tiere – unser Verhältnis zu Kultur, Exotik, Heimat, Aneignung und Abenteuerlust. In dieser Vorstellung von Landschaftserkundung, aber auch Expandismus verwebt sich das – wie es Leonardo Bürgi nennt – romantisierte Bild vom Reisen und Entdecken, geprägt von Kolonialisten und auch Wissenschaftlern wie Alexander von Humboldt. «the paths we walk», so der Titel der Ausstellung, greift diesen Gedanken des Sich-Bewegens und Sich-bewegen-Wollens auf. Zugleich schwingt darin die Frage mit, auf welchen ausgetretenen, alten oder auch fragwürdigen Wegen wir da wandeln – und wie es möglich ist, diese heute, hier und jetzt, neu zu gehen.»
Januar 2025
///
Kunsthaus Baselland, Leonardo Bürgi Tenorio. the paths we walk, 31. Januar 2025 bis 23. März 2025.