Als Sonderling im Regionale-Parcours
Vom 28. November bis 5. Januar findet die «Regionale 25» statt. Wir haben mit Claude Gaçon von der Cargo Bar gesprochen und ihn gefragt, wie sie als Bar ihre Ausstellungen kuratieren und die diesjährige Ausstellung «Bartender's Choice» zustande kam.
Wie kam es dazu, dass die Cargo Bar im Rahmen der Regionale 25 zum Ausstellungsraum wird?
CG: «Von Beginn an gehört es zur Identität der Cargo Bar, auch eine Kulturplattform zu sein. Seit 27 Jahren präsentieren wir durchgehend verschiedenste Künstler*innen in fast 200 Ausstellungen. Anfangs habe ich gemeinsam mit Markus Schwander das Kunstprogramm kuratiert. Seit einigen Jahren bestimme ich das Programm zusammen mit Sanja Lukanović. Die Cargo Bar ist seit Beginn ein Teil der Regionale. Das ergab sich, weil ich damals Mitglied der Kunstkommission war und in dieser Funktion die Regionale mitkonzipiert und mitbegründet habe.
Für die Cargo Bar war es immer eine besondere Herausforderung, bei der Regionale mitzumachen. Wir haben uns oft mit der Frage auseinandergesetzt, was eine Bar, die ja nicht wie die anderen Institutionen voll auf die Kunst ausgerichtet ist, leisten kann. Bei uns ist es eher eine <Crash-Situation>, viele Dinge treffen aufeinander, die sich vielleicht nicht gesucht haben, aber das macht es auch spannend und herausfordernd für die Künstler*innen. Als Sonderling im Regionale-Parcours haben wir uns stets Freiheiten herausgenommen. Einmal haben wir uns der Jurierung verweigert, indem wir ein Video produziert haben, das die Werke aller Bewerber*innen zeigte. Ein anderes Mal haben wir nur Titel präsentiert: Eine Jury begutachtete lediglich die eingereichten Titel und wählte daraus zehn aus. Das nannten wir dann <Regionale Titel Top Ten>. Ein weiteres Mal haben wir nur Künstler*innen des Jahrgangs 1997 eingeladen, dem Gründungsjahr der Cargo Bar, oder ausschliesslich die ältesten Teilnehmer*innen berücksichtigt. Dieses Jahr wollten wir das Barteam die Auswahl treffen lassen.»
Welche Rolle spielt Kreativität in eurem Alltag als Barteam?
CG: «Eine Bar ist immer ein Ort, an dem auf vielen Ebenen Kreativität gefragt ist – von der Raumgestaltung über die Auswahl des Angebots bis zur Musik und dem Programm. Das Team hinter der Bar trägt viel zu diesem Gesamtbild bei. Wir legen großen Wert darauf, dass hinter der Bar interessante, authentische Persönlichkeiten stehen.
Mit ihrer Art, mit Gästen zu kommunizieren oder durch die Musikauswahl können sie erheblichen Einfluss auf die Stimmung nehmen. Es ist manchmal nicht einfach, dem Team das Kunstprogramm näherzubringen, aber es ist ein grosser Vorteil, wenn sich die Mitarbeitenden mit dem Geschehen in der Bar identifizieren oder sich zumindest damit auseinandersetzen. Das führte auch zu der Idee, das Team in den Auswahlprozess einzubeziehen.»
Was erwartet die Gäste ab dem 28. November in der Cargo Bar?
CG: «Im Grunde eine ganz normale Ausstellung mit Werken von drei figurativen Maler*innen. Der vierte Künstler hat leider abgesagt, da die Werke zu teuer und im Kontext der Bar nicht ausreichend geschützt wären – eine Entscheidung, die wir gut nachvollziehen können und respektieren.»
Wie genau hat der Kurationsprozess mit dem Team ausgesehen?
CG: «Jedes Jahr gibt es eine riesige Anzahl von Anmeldungen, aus denen eine Auswahl zusammengestellt wird. Die Bearbeitung von 700 Dossiers ist eine grosse Aufgabe, die mehrere Tage in Anspruch nimmt. Deshalb haben wir das Gesamtpaket durch die Anzahl der Mitarbeitenden aufgeteilt, sodass jede*r etwa 90 Dossiers bearbeitet hat. Jede*r wählte dann drei bis fünf Favorit*innen aus – ohne Einflussnahme oder Vorgaben unsererseits. So entstand eine erste Auswahl von etwa 50 Künstler*innen.
Im nächsten Schritt trafen wir uns alle, schauten uns die Vorschläge an und diskutierten sie. Nur die Werke, für die sich mindestens eine Person stark machte, blieben in der engeren Auswahl. Diese wurde auf etwa die Hälfte reduziert. Im dritten Durchlauf wurden die verbleibenden Werke nochmals gesichtet, wobei der Kontext – also, wie die Werke in der Bar wirken – stärker einbezogen wurde.
Am Ende haben wir die Auswahl finalisiert. Eine Künstlerin, deren Arbeiten allen gefielen, aber nicht zum Rest passten, luden wir für eine separate Ausstellung ausserhalb des Regionale-Kontexts ein.»
Was waren dabei die grössten Herausforderungen für euch?
CG: «Die riesige Anzahl an Bewerbungen.»
Was nehmt ihr aus dieser Erfahrung für euren Alltag in der Bar mit?
«Es war schön zu sehen, dass jede*r Mitarbeitende diese Aufgabe ernst genommen und sich engagiert hat. Ich glaube, sie empfanden dies als Wertschätzung. Es lohnt sich, Mitarbeitende in Bereiche einzubeziehen, zu denen sie vielleicht zunächst keinen grossen Bezug haben.»